Wie viele Menschen waren 2019 weltweit auf der Flucht?
Laut dem UNHCR waren 2019 79,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Mehr als zwei Drittel aller Geflüchteten weltweit kamen aus fünf Ländern – Syrien, Venezuela, Afghanistan, Südsudan und Myanmar. Gründe sind Kriege, unterschiedliche Verfolgungen, auch Armut sowie Diskriminierung und Rassismus.
Nur knapp die Hälfte aller Geflüchteten überquert dabei Ländergrenzen; viele Menschen fliehen innerhalb ihres Herkunftslandes.
In der EU stellten 2019 etwa 613.000 Menschen einen Asylerstantrag.
Deutschland | 142.400 |
Frankreich | 119.900 |
Spanien | 115.200 |
Griechenland | 74.900 |
Italien | 35.000 |
Zypern | 14.495 |
Malta | 8.108 |
Griechenland | 6.985 |
Luxemburg | 3.585 |
Spanien | 2.454 |
Europa schottet sich ab und ist für Geflüchtete nur auf illegalen Wegen – über das Meer in kleinen Booten, versteckt auf LKWs auf dem Landweg oder mit falschen Pässen mit dem Flugzeug – zu erreichen. Nur Wenigen glückt es. Viele sterben auf diesem Weg.
Nur ein sehr kleiner Teil – 0,2% aller Menschen, die weltweit auf der Flucht sind – stellt schließlich in der Bundesrepublik einen Asylantrag.
Europäische Abschottungspolitik
Über das Mittelmeer fliehen die meisten Menschen in die EU. Es gilt als die tödlichste Seeroute der Welt. Die Internationale Organisation für Migration schätzt, dass zwischen 2014 und 2019 mindestens 20.000 Menschen bei der Überfahrt gestorben sind. Die Europäische Union reagiert auf das tägliche Ertrinken an den Außengrenzen, indem sie Flucht mit völkerrechtswidrigen Methoden verhindern will.
So berichtet Pro Asyl, dass Geflüchtete an den Außengrenzen der EU systematisch mit Gewalt daran gehindert werden, in die EU zu gelangen. Die libysche Küstenwache – finanziert mit EU-Mitteln – fängt bspw. Geflüchtete ab und bringt sie zurück nach Libyen. Dort drohen ihnen Folter, Inhaftierungen oder sogar der Tod. Es werden Abkommen geschlossen mit Staaten, die aus Menschenrechtsperspektive sehr fragwürdig sind. Das zeigt sich im EU-Türkei-Deal oder in den „Migrationspartnerschaften“ mit afrikanischen Staaten.
Die Balkanroute, über die 2015 noch viele Menschen auf dem Landweg die EU erreicht haben, ist mittlerweile auf Druck westeuropäischer Staaten abgeriegelt. So werden Geflüchtete in Transit- oder Herkunftsländern festgehalten, zu noch gefährlicheren Fluchtwegen gezwungen und die Zahl der Toten nimmt zu.
Das EU-Asylsystem – Funktionsfehler und fehlende Solidarität
Laut Dublin-III-Verordnung ist der Staat, den die flüchtende Person zuerst betritt, für das Asylverfahren zuständig. Reisen Geflüchtete in ein anderes EU-Land weiter, können sie in das Land zurückgeschoben werden, wo sie zuerst europäischen Boden betreten haben. Länder an den EU-Außengrenzen wie Italien, Griechenland oder Ungarn müssten daher sehr viele Menschen aufnehmen, Länder wie Deutschland dagegen sehr wenige. Geflüchteten steht es nicht frei zu wählen, wo sie Asyl beantragen möchten.
Grundlage für die Regelung ist die Annahme, dass die Lebens- und Verfahrensbedingungen in allen EU-Staaten gleich sind und Geflüchtete überall die gleichen Chancen haben, Asyl zu bekommen. In der Realität sieht das aber ganz anders aus.
Griechenland ist neben Italien und Spanien Hauptankunftsland für Geflüchtete. Hier manifestieren sich beispielhaft die Probleme der Dublin-Verordnung. Seit Jahren sind die Lebensbedingungen dort so menschenunwürdig, dass Deutschland nur noch in Ausnahmefällen Asylsuchende dorthin abschiebt. Es gibt kein funktionierendes Asylsystem. Geflüchteten fehlt es an Unterkünften, Nahrungsmitteln und medizinischer Grundversorgung. Seit 2015 werden ankommende Geflüchtete in sogenannten Hotspots auf den griechischen Inseln festgehalten, bis ihr Asylantrag entschieden ist. Die Situation in den Lagern, deren Kapazität nur für einen Bruchteil der Menschen ausgelegt ist, ist katastrophal.
Um diese Zustände zu ändern, ist eine Lastenverteilung innerhalb der EU nötig. Seit mehreren Jahren gibt es immer wieder Reformbestrebungen. Viele EU-Staaten weigern sich allerdings, mehr Geflüchtete aufzunehmen – oft mit klar islamfeindlichen und rassistischen Argumenten. Eine Einigung auf eine gemeinsame, solidarische Flüchtlingspolitik ist nicht in Sicht.
Wie läuft ein Asylverfahren ab?
Erreichen Geflüchtete die Bundesrepublik, stellen sie einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das BAMF bestimmt dann, welches Bundesland für das Asylverfahren zuständig ist.
Das Asylverfahren kann unterschiedlich lange dauern – das hängt u. a. vom Herkunftsland der geflüchteten Menschen ab. Für die Dauer des Asylverfahrens bleiben die Geflüchteten entweder in der Erstaufnahmeeinrichtung oder sogenannten AnkER-Zentren oder werden nach ein paar Monaten weiterverteilt auf Gemeinschaftsunterkünfte oder dezentrale Wohnungen.
Allerdings dürfen nicht alle Geflüchtete ihren Asylantrag in der Bundesrepublik stellen. Zunächst wird geprüft, ob laut der Dublin-Verordnung ein anderer EU-Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Dafür werden die Fingerabdrücke in einer EU-weiten Datenbank (EURODAC) abgeglichen. Viele Geflüchtete werden daher in einen anderen Staat zurückgeschoben.
Wenn Geflüchtete kein Asyl bekommen, aber nicht abgeschoben werden können, erhalten sie eine Duldung. Gründe dafür sind beispielsweise fehlende Pässe, Reiseunfähigkeit oder eine fehlende Verkehrsverbindung in das jeweilige Land. Fällt das Abschiebehindernis weg, können Geduldete jederzeit abgeschoben werden. Während der Duldung unterliegen die Menschen nahezu den gleichen Beschränkungen wie während des Verfahrens. Viele Menschen leben so jahrelang ohne Perspektive in Deutschland.
Wer bekommt eigentlich Asyl?
Alle Gründe, aus denen Menschen fliehen, sind legitime Gründe. Allerdings müssen für eine Anerkennung des Asylantrags bestimmte Bedingungen erfüllt sein.
Eine Anerkennung ist nur nach dem Artikel 16a des Grundgesetzes sowie nach der Genfer Flüchtlingskonvention möglich. Viele Fluchtgründe werden daher nicht anerkannt.
Weit mehr Menschen erhalten eine Anerkennung als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Diese wurde 1951 verabschiedet und ist heute das wichtigste internationale Dokument, um geflüchtete Menschen zu schützen.
Auch wenn eine Anerkennung nach Art. 16a GG oder nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht möglich ist, wird Geflüchteten mindestens zeitweise ein Abschiebungsverbot oder subsidiärer Schutz gewährt, wenn ein ernsthafter Schaden im Herkunftsland droht.
Als ernsthafter Schaden gilt:
- Verhängung der Todesstrafe
- Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung
- ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens infolge eines bewaffneten Konflikts
- Gefahr für Freiheit, Leib oder Leben